Wegen eines Formfehlers: 668.000 Euro Fördermittel für Schöllkrippen sind weg
Main-Echo Pressespiegel

Wegen eines Formfehlers: 668.000 Euro Fördermittel für Schöllkrippen sind weg

Zuschüsse: Markt Schöllkrippen erhält keine Fördermittel für die Erweiterung des Kindergartens in Schneppenbach
Schöllkrippen  Sch­lech­te Nach­rich­ten am Mon­tag im Ge­mein­de­rat Sc­höllkrip­pen. We­gen ei­nes Form­feh­lers er­hält Sc­höllkrip­pen kei­ne För­der­mit­tel für die rund ei­ne Mil­lio­nen Eu­ro teu­re Er­wei­te­rung und Sa­nie­rung des Kin­der­gar­tens in Sch­nep­pen­bach. 668.000 Eu­ro wa­ren von der Re­gie­rung von Un­ter­fran­ken in Aus­sicht ge­s­tellt wor­den. Doch wa­ren Ar­bei­ten für den Kin­der­gar­ten schon ver­ge­ben wor­den, be­vor der of­fi­zi­el­le För­der­be­scheid be­zie­hungs­wei­se die Ge­neh­mi­gung zum vor­zei­ti­gen Bau­be­ginn er­teilt wor­den wa­ren.

Bürgermeister Marc Babo (CSU), der dies in der öffentlichen Sitzung mitteilte, betonte, dass der Markt alles tun wolle, um des Geld dennoch zu erhalten. Deswegen habe die Gemeinde bereits einen auf solche Fälle spezialisierten Rechtsanwalt, Christian Braun aus München, beauftragt. Man werde versuchen, auf jeden Fall einen Förderbescheid zu erhalten, und - wenn dieser auf null Euro lauten würde - diesen anzufechten. Ansonsten wolle man eine Petition an den bayerische Landtag einreichen.

Der Formfehler war bereits in der Amtsperiode von Babos Vorgänger, Bürgermeister Reiner Pistner (Freie Wähler), erfolgt, so Babo auf Nachfrage unseres Medienhauses. Dieser hatte einen Antrag auf einen vorgezogenen Förderbescheid gestellt. Am 25. März 2020 hatte ihm die Regierung von Unterfranken mitgeteilt, dass der Antrag geprüft und genehmigungsfähig sei. Dem Markt Schöllkrippen wurden 668.000 Euro an Zuschüssen in Aussicht gestellt.

Daraufhin hatte der Gemeinderat am 7. April bereits erste Baumaßnahmen vergeben, die entsprechenden Aufträge wurden am 8. April erteilt. Dies hätte jedoch erst passieren dürfen, nachdem der offizielle Förderbescheid oder eine Genehmigung für den vorzeitigen Maßnahmenbeginn erteilt waren. Beides war nicht der Fall.

"Hier scheint einiges durcheinander gegangen zu sein", sagte Babo auf die Frage, wer an dem Fehler schuld sei. Ausschlaggebend sei die Unterschrift des Bürgermeisters unter dem Bauauftrag. Jedoch scheint auch sonst niemandem im Rathaus dieser Formfehler aufgefallen zu sein. Dass hier etwas nicht stimmte, wurde erst im August klar, als die Regierung von Unterfranken wegen eines Anhörungstermins in dieser Sache an die Gemeinde schrieb.

Der Anhörungstermin hat dann am 29. September stattgefunden, Am 10. Oktober gab es zudem noch ein Gespräch dazu im bayerischen Innenministerium. "Stand jetzt: Die Mittel sind nicht abrufbar", so Babo. Nun gelte es zu klären, wie der Fehler entstanden ist, erklärte Rechtsanwalt Christian Braun am Dienstag gegenüber unserem Medienhaus. Eventuell habe es ja eine telefonische Zusage gegeben. Sollte die Auftragsvergabe aufgrund einer falschen Information erfolgt sein, habe Schöllkrippen noch eine Chance, das Geld zu erhalten. Das sei aber rein spekulativ und müsse jetzt in Gesprächen mit allen Beteiligten geklärt werden.

Grundsätzlich sei jedoch in den Förderrichtlinien festgelegt, dass Bauaufträge nicht vor Erteilung des Förderbescheids oder einer vorzeitigen Baufreigabe vergeben werden dürfen. Der Freistaat sei hier früher kulanter gewesen, so Braun, habe sich dabei jedoch Ärger mit Brüssel eingehandelt, weil es sich bei den Fördergeldern auch um EU-Mittel handele. Seitdem bleibe der Freistaat hier konsequent.

Man werde aber auf einem Bescheid bestehen und keinesfalls den Förderantrag zurückziehen, wie dies der Freistaat verlangt habe, erklärte Christian Braun. Denn dann könnten keine Rechtsmittel mehr eingelegt werden. Ob eine Petition an den bayerischen Landtag Erfolg haben würde, dazu wollte sich der Rechtsanwalt nicht äußern. Dies wäre ebenfalls rein spekulativ.

Auf jeden Fall werde man im Schöllkrippener Haushalt 2021, der demnächst verabschiedet werden soll, ohne diese - eigentlich fest eingeplanten - 668.000 Euro kalkulieren müssen, erklärte Bürgermeiste Marc Babo. Es stehen einige große Projekte an, etwa die Sanierung der Aschaffenburger Straße oder der Radweg nach Schneppenbach. Die Pflichtaufgaben werde man wohl kaum streichen können, daher müsse man zusehen, ob man nicht "einige gestalterischen Projekte" verschieben könne, so Babo auf Nachfrage.

Hintergrund: Umzug hat begonnen

Der Kindergarten in Schneppenbach ist inzwischen fast fertiggestellt. Der Umzug in die neuen Räume hat begonnen und soll am Freitag weitgehend abgeschlossen sein. In der Gemeinderatssitzung am Mittwoch wurde mitgeteilt, dass die Baukosten rund eine Million Euro betragen. Gegenüber der Kostenschätzung sei die Baumaßnahme rund 20.000 Euro teurer ausgefallen als geplant. Auch die Einrichtung wurde rund 20.000 Euro teurer, vor allem wegen der Anschaffung eines Konvektomaten, um die angelieferten Mittagessen der Kinder wieder zu erhitzen.

Einen letzten Auftrag hat der Gemeinderat am Montag einstimmig vergeben. Bei einer Besichtigung des neuen Kindergartens mit der Unfallversicherungskammer sei moniert worden, dass das Treppengeländer am Eingang Fugen habe, in der sich eine Kinderhand verfangen könnte. Daher soll das Geländer mit Platten verkleidet werden. Zudem wurde gefordert, am Treppenaufgang oben Holztüren anzubringen, damit kein Kind versehentlich herabstürzen könne. Die Mehrkosten dafür betragen etwa 7500 Euro. (joe)

Zwischenruf: Geringe Chancen

War es die Dringlichkeit der Kindergartenerweiterung? Oder die Hektik der Übergangsphase zwischen altem und neuem Bürgermeister? Es erstaunt, dass einem so alten Hasen wie Reiner Pistner, der 24 Jahre lang als Bürgermeister der Gemeinde Schöllkrippen vorstand, in den letzten Tagen seiner Amtszeit so ein Fehler unterlaufen sein soll. Oder hat er eine Botschaft aus München falsch interpretiert? Das würde zumindest eine Hoffnung für Schöllkrippen bieten, die 668.000 Euro Fördergelder doch noch zu erhalten. Das müssen jetzt die weiteren Untersuchungen zeigen. Ansonsten dürften für Schöllkrippen die Chancen für das Geld eher schlecht stehen, denn der Freistaat wird vermutlich alles vermeiden, was einen Präzedenzfall schaffen könnte. Josef Pömmerl

26.01.2021
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