Karl Ludwig Rostock von Rostocks Obsthof in Krombach-Oberschur (Kreis Aschaffenburg) baut seit über 30 Jahren Äpfel an und verkauft sie sowohl in seinem Hofladen als auch an den Großhandel und den Lebensmitteleinzelhandel in der Region.
Die Geschichte: Südtirols Obstbauern stehen erneut in der Kritik. Die Süddeutsche Zeitung hat gemeinsam mit dem Bayerischen Rundfunk die Betriebshefte von 681 Südtiroler Obstbauern ausgewertet und stellt sie als Giftspritzer dar. Laut Bericht vergeht zwischen März und September kein Tag, an dem nicht gespritzt wird.
Die Geschichte hinter der Geschichte:Wie die Redaktionen an die geheimen Dokumente kamen? Der Verein Umweltinstitut München organisierte 2017 die Plakat-Kampagne »Pestizid-Tirol« gegen die dortigen Obstbauern, um den »übertriebenen Einsatz« von Pflanzenschutzmitteln anzuprangern. Mehr als 1000 Bauern verklagten den Verein daraufhin. Die Staatsanwaltschaft zog in der Folge die Betriebshefte der klagenden Bauern ein und übergab sie dem Umweltinstitut. In diesen Dokumenten müssen Obstbauern in Südtirol festhalten, welches Pflanzenschutzmittel und welchen Dünger sie eingesetzt haben, welche Menge davon und aus welchem Grund. Weil die Bauern aber ihre Anzeigen zurückzogen, wurde über die Sache nie verhandelt und der Prozess im Mai 2022 eingestellt. Im Januar 2023 wurden die Daten aus den Dokumenten von 2017 nun veröffentlicht. Und die Schocknachricht gelangte so in Umlauf.
Was der Experte dazu sagt: Es geht nicht ohne Pflanzenschutz im Obstanbau. »Wer die vom Verbraucher gewünschte Tafelobstqualität ernten will, braucht vernünftigen Pflanzenschutz. Nicht zu viel, nicht zu wenig und zur richtigen Zeit«, sagt der Experte. Der Apfelanbau in Südtirol war traditionell erst im Etschtal. Mit der Zeit hätten dann die Bauern dort nach immer mehr Möglichkeiten gesucht und seien die Hänge hinauf gewandert, wo sie Flächen erwarben, um dort Plantagen zu errichten. Früher waren dort nur Wiesen und Weiden. Touristen waren dann von der intensiven Bewirtschaftung samt Spritzung der Bäume irritiert. So nahm das Ganze seinen Lauf.
Die Daten stammen von einer Genossenschaft aus dieser Region. Insofern nimmt der Apfelbauer aus Krombach an, dass die Spritzungen dort auch nötig sind. »Sonst gibt es keine Ernte«, sagt er. Allerdings habe laut dem Umweltinstitut München die Menge nicht über dem gesetzlich zulässigen Wert gelegen. Nur die Zusammensetzung aus angeblich mehreren Einzelmitteln und Düngern hat die Prüfer und die Naturschützer erstaunt.
Warum das alles so ist: Karl Ludwig Rostock erlebt es immer wieder, dass Kunden nur perfekte Äpfel wollen. Glatte Schale, keine Flecken, keine Schorfstellen, lange Haltbarkeit, keinen Geschmacksverlust durch die Lagerung. »Das ist aber ein Naturprodukt, das nach der Ernte nachreift«, sagt er. Um Äpfel so makellos erzeugen zu können, braucht man Pflanzenschutz, damit man diese optische Qualität. Und Südtirols Apfelbauern sind ebenso gezwungen, das so zu liefern.
Mehr Transparenz: Eine neue EU-Verordnung soll dafür sorgen, dass Verbraucher sich besser über die Erzeugnisse informieren können. Dafür sollen ab 2028 Daten über Pflanzenschutz-Einsätze in allen Mitgliedsstaaten erfasst, gemeldet und veröffentlicht werden.
»Was will ein Laie mit diesen Daten anfangen? Er oder sie kennt nicht die Bäume, nicht die Standorte, nicht das Klima, nicht die Wetterbedingungen, wo sie wachsen, und kennt sich auch nicht aus mit dem jeweils herrschenden Schädlingsdruck«, meint Rostock zu dem Vorhaben.
Der Pflanzenschutz werde auch bei ihm sowieso schon engmaschig von den Zertifizierungsfirmen - weil er sonst nicht in den Handel verkaufen kann - kontrolliert. Auch in Rostocks Betrieb kommen regelmäßig Prüfer. Zudem nimmt er freiwillig an einem Monitoring teil, das die Qualität seiner Früchte erfasst. Von ihnen werden Proben aus dem Kühlhaus genommen. Auch die Landesanstalt für Landwirtschaft nimmt zum Beispiel Blattproben. »Jederzeit kann also ein Prüfer kommen«, so Rostock.
Sachkundenachweis gefordert
Als Benutzer von Pflanzenschutzmitteln müsse man einen Sachkundenachweis haben. Den bekomme man nur, wenn man eine fundierte Ausbildung hat und sich regelmäßig zu dem Thema weiterbildet. Seit 2013 ist das in Deutschland vorgeschrieben.
Aber viel wichtiger findet er, dass die Biodiversität in Plantagen erhalten bleibt. »Durch den integrierten Anbau überleben mehr Insekten und andere Nützlinge, die dann wieder für das Ökosystem am Standort wertvoll sind«, sagt der Obstanbauer. Eine spezielle und schonende Spritztechnik helfe dabei.
Präparate für Pflanzenschutz sind teuer, dazu kommen die Arbeitsstunden für das Ausbringen und die Betriebsstoffe für das Arbeitsgerät. All das sei durch Inflation und Ukraine-Krieg auch teurer geworden, sagt der Obstbauer. »Warum sollte ich da Material verschwenden?«
Schließen | Nach Oben |