Der lange Weg zur Solarstrom-Vergütung
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Der lange Weg zur Solarstrom-Vergütung

Wir kümmern uns: Auf die Installation einer Photovoltaikanlage folgten für Günter Schickling aus Kleinkahl nervenaufreibende Monate
KLEINKAHL  Von der In­stal­la­ti­on ei­ner Pho­to­vol­ta­ik­an­la­ge und den ner­ven­auf­rei­ben­den Mo­na­ten da­nach - so könn­te man die Er­leb­nis­se von Gün­ter Schick­ling aus Klein­kahl zwi­schen Ju­li 2023 und Ja­nuar 2024 zu­sam­men­fas­sen.

»Als Großvater von drei Enkelkindern wollte ich etwas für die Umwelt tun. Deshalb wurde im Juli vergangenen Jahres auf dem Dach meines Carports eine Photovoltaikanlage montiert. Seit August ist sie im Betrieb und funktioniert hervorragend«, erklärte der 69-jährige Rentner und ehemalige Landwirt beim ersten Gespräch mit unserem Medienhaus. Viele Probleme, so erzählte er weiter, bereiten ihm dagegen die Firma Eon und deren Tochterunternehmen Bayernwerk, das in Bayern als Netzbetreiber fungiert.

Das Fazit unserer Recherche vorweg: Mit der Installation einer Photovoltaikanlage ist es nicht getan. Danach müssen noch viele weitere Schritte folgen. Unter anderem die (äußerst komplexe) Anmeldung der Anlage im Marktstammdatenregister, das von der Bundesnetzagentur geführt wird. Erst dann kann die Einspeisung ins Stromnetz vergütet werden. Schickling, der sich wie viele andere vor der Anschaffung zwar informiert hat, aber trotzdem nicht gleich zum Fachmann geworden ist, wurde dabei auf breiter Front allein gelassen. Erst jetzt im Januar, nachdem sämtliche beteiligte Pressestellen und Geschäftsinhaber (alle Namen sind uns bekannt) von uns angeschrieben und angerufen worden sind, hat sich eine positive Bewegung in Gang gesetzt.

Rückblickend dauerte es vier Monate lang, bis Mitte Dezember, sozusagen als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk, der alte, analoge Zähler abgeholt wurde. Der neue, digitale Zähler war dagegen schon im August eingebaut worden. Umgehend folgte damals laut Schickling ein neuer Stromvertrag - allerdings ohne Kündigung des alten, sodass zwei Stromverträge parallel liefen. Damit nicht genug: »Wir sollten nun einen viel höheren Tarif bezahlen«, berichtete Schickling weiter, dass er mit dem neuen Vertrag vom bisher für ihn geltenden, günstigen Agrartarif in den teureren Grundtarif umgestuft worden sei.

Alle diesbezüglichen Anrufe und Schreiben an die Stromversorger »haben nichts genutzt«, sagt er, während er in den Unterlagen - mittlerweile eine stattliche Menge im Ordner - blättert und zeigt, dass er sich nur zu helfen wusste, indem er die Abbuchungen für den alten Vertrag gestoppt habe. Sogar den Bayerischen Bauernverband habe er eingeschaltet. Dieser habe seinerzeit die Zusage erhalten, dass Schickling ab diesem Januar wieder in seinen »alten« Agrartarif kommen soll. Und gemäß Stellungnahme der Pressestelle auf unsere Nachfrage scheint sich die Firma Eon auch tatsächlich daran zu halten (siehe »Im Wortlaut«).

Die Antwort des Bayernwerks auf unsere Nachfragen lässt sich dagegen zweifelsfrei als Versuch interpretieren, alle Schuld von sich zu weisen. Es sei kein Wechsel des Zählers beauftragt worden, sondern ein »Neubau Bezugsanlage mit Überschusseinspeisung«, schreibt einer der zahlreichen Pressesprecher. Somit habe auch kein Auftrag vorgelegen für den Ausbau des alten Zählers. Den Auftrag dafür habe der Netzbetreiber am 27. Oktober erhalten, diesen »fristgerecht« am 14. Dezember erledigt und die »Stilllegung rückwirkend zum 13.12.2023 an den vertrieblichen Anbieter (Eon, Anm.d.Red.) übermittelt«.

Der Inhaber einer an der Montage der Anlage beteiligten Mömbriser Elektrofirma, der nicht in der Zeitung genannt werden möchte, erklärte am Telefon, dass er schon im August alle erforderlichen Meldungen getätigt habe: »Sonst würde die Anlage nicht laufen.« Als er erfahren habe, dass der alte Zähler immer noch ausgebaut bei Schickling herumliege, habe er einen separaten Auftrag erteilt. Die Ursache für diesen Fehler, so vermutete er, liege wohl daran, dass das Bayernwerk das entsprechende Portal geändert habe.

Auf unsere weitere Nachfrage, warum noch keine Vergütung für die Einspeisung erfolgt sei, antwortete der Bayernwerk-Pressesprecher: »Für eine Auszahlung der Vergütung fehlen Unterlagen des Kunden, wie Bankverbindung (...). Die Formulare wurden mit dem Hinweis zur Rückmeldung im Mai bereit gestellt, eine schriftliche Erinnerung haben wir versendet.« Laut Schickling hat er die fraglichen Formulare aber erst jetzt, nach der Anfrage unseres Medienhauses beim Bayernwerk, erhalten. Er habe sogar mit einer Mitarbeiterin des Bayernwerks telefoniert: »Sie war sehr nett und hilfsbereit.« Besagte schriftliche Erinnerung ist ihm übrigens ebenfalls unbekannt: »Spätestens dann hätte ich doch reagiert.«

Der Inhaber einer Mömbriser Solartechnikfirma, die zusammen mit der Elektrofirma die Photovoltaikanlage installiert hat, ergänzte telefonisch, dass das Bayernwerk anscheinend ein neues Portal in Betrieb genommen hat und bei der Abschaltung des alten Portals wohl »einige Daten verlorengegangen sein müssen«. Damit jetzt aber hoffentlich bald alles seinen geregelten Gang nehmen kann, versprach er abschließend, Schickling bei der umständlichen Anmeldeprozedur zu helfen.

Im Wortlaut: Antwort der Pressestelle der Firma Eon

Auf Nachfrage unseres Medienhauses meldete sich eine Eon-Pressesprecherin: »Wir haben bereits alles in die Wege geleitet, um das Anliegen von Herrn Schickling abschließend zu lösen und den Wechsel in den Agrartarif für den neuen Zähler umzusetzen. Die aktuellen Mahnungen zu den noch offenen Abschlägen kann Herr Schickling als gegenstandslos betrachten. Grundsätzlich wird er die entstandenen Mehrkosten nicht tragen müssen - ihm entstehen keine finanziellen Nachteile«, versichert sie schriftlich. Und weiter: »Wir möchten für die Unannehmlichkeiten um Entschuldigung bitten und hoffen, das Anliegen so in seinem Sinne (gemeint ist Herr Schickling; Anm.d.Red.) lösen zu können.« ()

18.01.2024
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