85. Wiederkehr der Pogromnacht gedacht
Main-Echo Pressespiegel

85. Wiederkehr der Pogromnacht gedacht

Evang.-luth. Kirchengemeinde Schöllkrippen: 180 Bürgerinnen und Bürger gehen Gedenkweg gemeinsam
SCHÖLLKRIPPEN 
Der »Arbeitskreis Jüdisches Leben«, bestehend aus dem Heimat- und Geschichtsverein Schöllkrippen, der Mittelschule Schöllkrippen, dem Spessartbund, der Evangelischen Kirchengemeinde »Evangelisch im Kahlgrund - Schöllkrippen« und dem »Pastoralen Raum Kahlgrund« sowie des Marktes Schöllkrippen, hatte eingeladen, der 85. Wiederkehr der Pogromnacht zu gedenken. Über 180 Bürgerinnen und Bürger ließen sich bewegen, gingen den Erinnerungsweg mit und feierten am Ende ein interreligiöses Friedensgebet in der St. Markuskirche.
Startpunkt des Gedenkweges war die Laudenbacherstraße, dort stand bis 1938 die Synagoge der mit über zehn % zweitgrößten Religionsgemeinschaft im Kahlgrund. Bei den NS-November-Pogromen war sie geschändet und später gesprengt worden.
»Erinnern heißt, nicht zu vergessen!« mit diesen Worten eröffnete Bürgermeister Marc Babo den Gedenkweg. Michaela Gagola, Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins, erzählte von den jüdischen Schicksalen in der NS-Zeit. Sie erinnerte auch an bisherige Gedenkveranstaltungen in Schöllkrippen, so beispielsweise die »Aktion Gedenkort Aumühle«, bei der am 9. November 2018 ein Metallkoffer neben dem Erinnerungsstein für die Synagoge aufgestellt wurde. Dieser Koffer steht symbolisch für die Gepäckstücke, die jüdische Deportierte aus unterfränkischen Gemeinden am Ladebahnhof Würzburg Aumühle zurücklassen mussten.
Schweigend bewegte sich der Zug der GedenkteilnehmerInnen zur Lindenstraße. Dort legten Schüler der Mittelschule weiße Rosen an den Stolpersteinen nieder und sprachen nachdenkliche Texte zum Thema »Freiheit«.
Den Abschluss bildete ein interreligiöses Friedensgebet in der St. Markuskirche. Pfarrer Thomas Schäfer eröffnete es mit den Worten: »Wir wenden unseren Blick nach vorne auf Deutschland heute, auf Israel und auf die Menschen in den Palästinensergebieten«. Klaus Simon sprach den Psalm 126 auf Hebräisch, Thomas Schäfer betete die Hoffnungsworte auf Deutsch. Gemeindereferentin Petra Kirchhoff betete nach dem Aufruf »Nie wieder!...Der Friede, den wir uns wünschen fängt in unseren Herzen an« das Friedensgebet des Franz von Assisi. Bülent Keles, Lehrer für islamischen Unterricht an der Mittelschule, verurteilte Gewalt im Namen der muslimischen Religion. Dazwischen erklang jüdische Musik vom »Ensemble Jüdische Musik mit Anita Friedmann (Klarinette), Alexandra Klein (Violine), Klaus Simon (Percussion) und Thomas Schäfer (Gitarre). Die Stücke, darunter osteuropäische Folklore wie »Der Mirjam-Brunnen«, jüdischer Klezmer wie »Tates Freilach«, das Lied »Essa Enai« und der Friedensruf »Hewenu Schalom« wurden lebendig und gefühlvoll dargeboten.
Thomas Schäfer leitete den Segen ein: »Uns eint, dass wir je in unserem Glauben darauf vertrauen, dass Gott sich nicht missbrauchen lässt für Hass und Gewalt, sondern, dass Religion Menschen ermutigt und segnet.« Den Abschluss bildete das gemeinsame Lied des jüdischen Theologen Schalom Ben-Chorin »Freunde, dass der Mandelzweig wieder Blüht und treibt«. Vera Dohle-
Schäfer und Thomas Schäfer

15.11.2023
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